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12.07.2021
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Assessment-Center: Spezialisiert in die berufliche Zukunft

Bevor die ersten Vorlesungen im Studiengang Soziale Arbeit an der EU|FH beginnen, durchlaufen alle Bewerber:innen ein Assessment-Center. Sie reflektieren ihre Stärken, setzen den Schwerpunkt für Studium und Partnerunternehmen. Redakteur Kevin Berg begleitete diesen wegweisenden Tag, sprach mit Studierenden, Dozenten und Dozentinnen – seine Beobachtungen.

von Kevin Berg

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Langsam schiebt sich die Sonne über das rote Ziegeldach und wärmt die Bänke am Hintereingang der EU|FH in Rostock. Wenige Augenblicke später gesellen sich die ersten Studierenden an meinen Sonnenplatz und mit ihnen die Aufregung. Dieser Tag ist entscheidend für ihr Studium. Sie alle haben sich für den Studiengang Soziale Arbeit entschieden, wollen als Streetworker:in arbeiten, sich in Heimen und Jugendämtern einbringen oder in der Verwaltung verwirklichen. Sie alle eint der Wunsch zu helfen.

1. Spezialisierung vor dem ersten Semester

Mit dem Assessment-Center der EU|FH setzen die angehenden Studierenden die Weichen für ihr Studium – eine Besonderheit dieses Studiengangs. Es hilft ihnen, ihre Stärken und Charaktereigenschaften besser einzuordnen. Dafür knacken sie Denkaufgaben, agieren in Gruppen und besprechen Fallbeispiele.

Während die Studierenden an vielen anderen Hochschulen oft einheitliche Lehrinhalte vermittelt bekommen, berücksichtigt ein EU|FH-Expert:innenteam die Stärken jedes und jeder Einzelnen. Das gibt Orientierung für die weitere Spezialisierung im Studium: Kinder- und Jugendsozialarbeit, öffentliche Sozialverwaltung, Verwaltung von Trägern und Institutionen sowie klinische Sozialarbeit.

Soziale Arbeit EUFH Magazin Assessment Center Malte

So spezialisieren sich die Studierenden von Beginn – in der Hochschule, aber auch bei ihren Partnerunternehmen. Im dualen Studium der EU|FH beginnt die Praxisarbeit im ersten Semester nach dem sogenannten 2plus3-Modell. Drei Tage Hochschule, zwei Tage im Unternehmen. Vom dritten Semester an umgekehrt. Damit starten die Absolvent:innen nach sieben Semestern so reibungslos wie möglich, vor allem spezialisiert, in die Arbeitswelt.

Einige wissen bereits vor dem Assessment-Center, in welchem Fachbereich sie sich verwirklichen möchten. So wie Malte (Foto). Der 27-Jährige studierte erst auf Lehramt, dann Wirtschaftspädagogik. Glücklich war er mit keinem Studiengang. Seit Mai arbeitet er in einem Kindergarten. „Seit ich dort arbeite, weiß ich genau, was ich machen will“, sagt er.

Die Nervosität verfliegt

Eine große Wendeltreppe führt uns ins in das oberste Stockwerk der 1924 erbauten Villa. Hier findet das Assessment-Center statt. Mein Platz ist ganz hinten rechts am Fenster, denn ich darf diesen Tag mit fünf weiteren Beobachter:innen begleiten. Ihre Expertise wird am Ende für die Fachbereiche der Studierenden entscheidend sein.

Soziale Arbeit EUFH Magazin Assessment Center Laura

Nach und nach finden die 15 Teilnehmenden ihre Plätze. Ganz vorn sitzt Laura (Foto). Sie ist 19 und hat während ihres Bundesfreiwilligendienstes die Leidenschaft für Soziale Arbeit entdeckt. Ursprünglich wollte sie zur Polizei, doch die Ausbildungsplätze waren belegt. Schließlich arbeitete sie an einer Förderschule. Das erfüllte sie. Jetzt will sie Soziale Arbeit studieren. Sie möchte in der Familienhilfe oder beim Jugendamt arbeiten.

Noch herrscht verhaltene Stille im Raum. Marcel durchbricht sie: „Momentan mache ich eine Ausbildung zum Sozialassistenten, jetzt will ich Soziale Arbeit an der EU|FH studieren.” Danach will der 23-Jährige im sozialen Sektor arbeiten, am liebsten in der Kinder- und Jugendsozialarbeit. Der Wunsch wuchs während seines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ). „Es reizt mich, Kinder und Jugendliche zu begleiten.“

Soziale Arbeit EUFH Magazin Assessment Center Marcel

Im Gespräch mit mir ist Marcel (Foto) locker, freundlich und kommunikativ. Eigenschaften, die er in der Sozialen Arbeit brauchen wird. So steht es im Bewertungsbogen, der auf meinem Platz liegt. Vier Aufgaben gilt es für die Studierenden heute zu erledigen. Dabei geht es weniger um Ergebnisse, sondern vielmehr um die Art, wie sie sich verhalten und in der Gruppe agieren. Das verrät mir Christina Fink, Studienberaterin und eine Beobachterin vor Ort, die viele Jahre in der Sozialen Arbeit tätig war.

Dringende Suche nach Fachkräften

Auch eine Vertreterin eines potenziellen Arbeitgebers beobachtet das Geschehen. Sozialpädagogin Franziska Berthold von der Gesellschaft für Gesundheit und Pädagogik mbH (GGP) freut sich, dass sich so viele für Soziale Arbeit bewerben. Denn egal, welche Fachrichtung jede:r von ihnen einschlägt – gebraucht werden alle.

Prof. Dr. Ina Zwingmann begrüßt alle. Sie leitet das Assessment-Center. Erst einmal lernen sich die Studierenden in Zweiergruppen kennen, inspiriert durch einen kurzen Fragebogen in ihren Unterlagen. Jede Nervosität scheint verflogen. Munter plaudern die Teilnehmenden über Motivation, Hobbys und versteckte Talente, um sich danach in einer Minute gegenseitig vorzustellen.

Es folgt ein Persönlichkeitstest. Die Studierenden müssen beurteilen, wie stark eine Reihe von Aussagen auf sie zutrifft. Die Ergebnisse tragen sie in eine Grafik ein. Diese veranschaulicht in den fünf Kategorien Verträglichkeit, Neurotizismus, Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Offenheit, wo Stärken und Schwächen liegen.

In der folgenden Pause finden sich die Studierenden in kleinen Gruppen in der Sonne zusammen, tauschen sich aus. Wäre ich nicht von Anfang an dabei gewesen, würde ich glauben, sie kennen sich seit Wochen.

Chancen für die Zukunft

Wieder im Assessment-Center beginnt eine Aufgabe, in der sie alle aufzugehen scheinen. In zwei Gruppen sollen die Studierenden folgendes Fallbeispiel besprechen: Ein Junge aus schwierigem Elternhaus, der immer wieder durch sein Fehlverhalten auffällt. Für ihn sollen die Teilnehmenden Chancen und Maßnahmen diskutieren. Sofort entwickeln sich intensive Gespräche darüber, wie sie vorgehen würden. Sie diskutieren, stimmen sich zu, widersprechen sich. Vor allem arbeiten sie als Einheit.

Genau um dieses Verhalten geht es, wie mir Prof. Dr. Ina Zwingmann erklärt. Sie hat den Studiengang in Zusammenarbeit mit der Hansestadt Rostock als Initiatorin entwickelt und gemeinsam mit Kooperationspartnern die Vertiefungslinien definiert. Sie sieht es als enormen Vorteil, die Studierenden schon vor dem ersten Semester in Fachrichtungen einzuteilen. „Mit dem Assessment-Center wollen wir ihre Stärken herausfinden”, sagt sie. „Es soll dabei kein Leistungsdruck entstehen. Es ist eher eine Plattform, über die sie die Hochschule, ihre Kommiliton:innen und sich selbst besser kennenlernen.”

Das Grundlagenstudium ist bis zum vierten Semester für alle gleich. Danach erfolgt die Spezialisierung in die einzelnen Bereiche. Im 2plus3-Modell gestalten die Studierenden ihre Lehrinhalte zum Teil selbst. „Durch ihre Praxiserfahrung bringen sie Fragen aus ihrem Arbeitsalltag mit in die Hochschule. So können wir gezielter auf Situationen eingehen, die sie selbst erleben werden“, erklärt Prof. Dr. Zwingmann. Auf die im AssessmentCenter festgelegten Spezialisierungen seien die Studierenden später nicht festgelegt. „Wir empfehlen nur, welcher Bereich am besten zu ihren jeweiligen Stärken passt. Jeder entscheidet selbst, in welche Richtung es gehen soll.“

Unterdessen beenden die Studierenden die Gruppenarbeit, präsentieren ihre Ergebnisse und beantworten Nachfragen. Dabei beurteilen die Beobachter und Beobachterinnen Verständlichkeit, Mimik sowie Gestik der Sprechenden und wie sie Inhalte gewichten. Es folgt direkt das nächste Fallbeispiel.

Diesmal müssen die Teilnehmenden entscheiden, welche Gegenstände ein Kind mitnehmen soll, das mit seiner Familie aus einem Kriegsgebiet flüchten muss. Manche stehen auf, um alle Kärtchen auf dem Tisch zu sehen. Eine gute Eigenschaft, erst alles zu überblicken und dann zu beginnen, wie mir Christina Fink erklärt. Immer stärker müssen sie aussortieren, bis am Ende nur zwei Gegenstände übrig bleiben. Gruppe 1 entscheidet sich für Ausweis und Wasser, Gruppe 2 wählt Wasser und einen Schlafsack.

Verhalten in Stresssituationen

Back to school: Für die nächste Aufgabe steht ein Intelligenztest an. Auf mich wirken die Studierenden konzentriert, aber nicht gehetzt. Jede:r schafft die Aufgaben trotz der kurzen Zeit. Die Beobachter:innen verfolgen, wie sich die Teilnehmenden in dieser Stresssituation verhalten und füllen ihre Bögen aus.

Nun schätzen sich alle noch einmal selbst ein. In einer Tabelle stehen sich acht Begriffe wie Status, Selbstständigkeit, Sicherheit oder höhere Bezahlung in abwechselnder Reihenfolge gegenüber. Sie sollen spontan entscheiden, was ihnen davon wichtiger ist. Daraus ergibt sich am Ende eine Rangliste die zeigt, welche Beweggründe sie zum Studium und für den Job motivieren.

Omas gegen Samurais

Zum Abschluss messen sich die Studierenden untereinander. Die zwei Gruppen spielen nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip. Nur dass Prof. Dr. Zwingmann die Gegenstände ersetzt: Der Löwe frisst nun die Oma, die Oma schimpft mit dem Samurai und dieser besiegt den Löwen. Vor jeder Runde stimmen sich die Gruppen kurz ab und müssen ihre Wahl auf Kommando mit der dazu passenden Geste offenbaren. Sie lachen, taktieren, freuen sich über den Sieg.

Zum Schluss erkunden alle gemeinsam das Hochschulgebäude, durchstreifen die umfangreiche Bibliothek und die Cafeteria. Vor der imposanten EU|FH-Villa spreche ich noch einmal mit Laura, Malte und Marcel. Sie hatten Spaß und ihr guter Eindruck von der Hochschule hat sich bestätigt. Für heute sind sie fertig und verlassen quatschend das Gelände. Im Oktober kommen sie alle wieder.

Soziale Arbeit EUFH Magazin Assessment Center Kevin

Redakteur Kevin Berg begleitete einen Tag lang das Assessement-Center an der EU|FH. Er war überrascht, wie praxisorientiert die Aufgaben waren und wie individuell auf jeden Studierenden eingegangen wurde.

Bildnachweise:
© EU|FH
© Kevin Berg (4 Fotos)

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